Eingewöhnung in den Kindergarten: 4 Gründe warum ich mein (letztes) Kind so schwer Loslassen kann
Drei Kinder habe ich in den Kinderwagen eingewöhnt und Schritt für Schritt in die nächsten Ebenen ihres Lebens loslassen können. Sicher auch da war es nicht immer leicht, besonders auch bei Kind 2, das mit 1 Jahr bereits zur Tagesmutter musste. Aber bei diesem einem, dem bewusst letztem Kind fällt es mir so unglaublich viel schwerer.
Ich habe mir mal die Frage gestellt, warum das so ist. Und es sind überraschend viele, teils für mich auch sehr traurige, Gründe zusammengekommen.
Grund 1: Er ist mein letztes Kind
Mein viertes Kind ist auch sehr sicher mein letztes Kind. Und das ist mir so schmerzlich bewusst. Es ist das letzte Mal, dass ich die vielen schönen Momente und „ersten Male“ des Großwerdens erleben darf. Und weil er eben von seinen Geschwistern so sehr profitiert, ist er für seine 2 Jahre schon soo groß! Für mich ein bisschen zu viel. Er ist so selbstbewusst, durchsetzungsfähig, kann klar kommunizieren, was er will und was nicht und ist super selbstständig! Er war schon so früh und schnell kein „richtiges“ Baby mehr. Wo ich bei den anderen drei Kindern den Moment des Größerseins genoss, fällt es mir nun schwer das anzunehmen. Gerne hätte ich noch ein bisschen länger ein Baby gehabt, wo ich doch weiß, dass es kein weiteres Baby geben wird.
Grund 2: Wir haben schon vieles zusammen durchgemacht
Leider habe ich mit diesem Kind schon vieles sehr emotionale und belastende Momente durchlebt. Zum einen wurde er mitten in die Corona-Zeit geboren, was für den Start schon schwer genug war.
Schwieriger Start ins Leben
Dann diese Odyssee bis zur Geburt, der Kaiserschnitt und all die Untersuchungen in den Tagen danach, bei denen ich meist nicht dabei sein durfte. Das Bangen, ob das Kind gesund sein würde oder doch ein Gendefekt vorliegt.
Trennung des Zungenbändchens
Dann folgte mit 4 Monaten die Trennung des Zungenbändchens und das ganze gemeine Prozedere zwei Wochen später nochmal, weil es nicht richtig gemacht wurde. Sechs Wochen lang das Wundmanagement, bei dem ich die Wunde dehnen musste und meinem Kind so Schmerzen zufügte und noch nicht verstand, warum ich so gemein zu ihm war! Es war für uns beide so schwer zu ertragen und fühlte sich wie ein Vertrauensbruch an.
Krankenhausaufenthalte
Anschließend folgten die beiden Operationen der Hypospadie. Jeder der sein Kind schon mal im Krankenhaus zu einer Operation abgeben musste, wird das nachempfinden können. Die Ängste und Gedanken, die man hat, während man nicht bei seinem Kind sein kann und die Hoffnung, dass alles gut verlaufen wird. Die Panik, die sich breit macht, weil die Operation viel länger dauert als geplant. Das Warten auf die Nachricht, dass man sein Kind endlich wieder in Empfang nehmen darf und alles in Ordnung ist. Und auch die stressige Zeit danach im Krankenhaus bis zur Entlassung. Auch wenn alles gut ausging, kann ich diese Momente noch immer spüren.
Dazu gab es den Schreckmoment im Krankenhaus, indem er sich an etwas zu Essen verschluckt hat, weil er vor Schmerzen weinen musste. Das heißt, er hat sich nicht verschluckt, sondern das Essen eingeatmet, die Luftröhre war zu – kein Ton gab mein Baby mehr von sich. Ich klopfte und klopfte auf den Rücken, habe ihn auf den Kopf gestellt, aber nichts passierte. Dann hatte sich der Katheter noch im Hochstuhl verheddert, der Notrufknopf nicht erreichbar… Als ich ihn endlich befreit hatte, rannte ich zu den Schwestern, was zum Glück das miese Stück Essen in seinem Hals löste und er wieder atmen konnte. Ich war zu diesem Zeitpunkt dem Zusammenbruch nahe und könnte noch immer heulen, wenn ich daran zurückdenke. Wir hatten nochmal Glück.
Grund 3: Fehlende Erinnerung
Als ich anfing genauer über die letzten 2 Jahre nachzudenken, fiel mir auf: Wo sind verdammt noch mal die Erinnerungen?? Ich meine die guten… wo sind sie? Ich erinnere mich an die Geburt, die Schmerzen danach, die Isolierung durch Corona, die bereits erwähnten Geschichten, die Streitereien und anschließende Trennung von meinem Mann, die schwierige Zeit danach… aber wo ist das Gute? Ich habe die letzten 2 Jahre so viel Zeit damit verbracht mich und die Kinder über Wasser zu halten, zu Kämpfen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, nicht zusammenzubrechen, dass irgendwie keine bewusste Zeit blieb schöne Erinnerungen zu schaffen und die Babyjahre meines letzten Kindes in vollen Zügen zu genießen.
Oh ich bin sicher, es gibt auch gute Erinnerungen! Natürlich war nicht immer alles nur schlimm und es gab genug schöne Momente, nur möchte mein Gehirn das im Moment nicht so recht freigeben. Es wird also Zeit Bilder und Fotos rauszusuchen und in Ruhe anzuschauen. Ich bin sicher, dann kehrt auch die eine oder andere schöne Erinnerung wieder. Zum Beispiel die Zeit in der Mutter-Kind-Kur oder der Mini-Urlaub in Center-Parks, die Freude mit anzusehen, wie der Kleine es liebt schwimmen zu gehen usw.
Aber es tut mir unheimlich weh, dass ich nach diesen Erinnerungen suchen muss! Umso wichtiger ist es mir jetzt, schöne Erinnerungen zu schaffen und diese ganz bewusst wahrzunehmen und in mich aufzuatmen, um den Schatten in meinem Gehirn durch Licht zu ersetzen.
Grund 4: Das Gefühl verlorener Zeit
Durch Corona waren viele Ausflüge, die wir sonst regelmäßig unternommen hatten, gar nicht mehr möglich. Wir waren viel mehr daheim oder nur in der nahen Umgebung unterwegs. Es war wenig „Besonderes“ und dadurch auch weniger Fotos, als wenn man zu Ausflügen geht.
Die Trennung von meinem Mann machte es natürlich nicht einfacher. Nun waren zwar Ausflüge wieder möglich, aber das Geld dafür oft zu knapp oder ich schlicht weg zu müde, um alleine größere Ausflüge mit drei Kindern zu unternehmen.
Ich habe mich sehr lange an meinem Limit bewegt und tue es teilweise immer noch. Ich musste mich auf so viel Problemlösungen konzentrieren, dass ich kaum noch Fokus auf das hatte, was mir am allerwichtigsten ist: meine Kinder! Irgendwie sind diese 2 Jahre an mir vorbeigezogen und ich habe Entwicklungsschritte der Kinder zwar wahrgenommen, aber nicht bewusst leben können. Besonders beim Kleinsten passierte in dieser Zeit natürlich besonders viel. Und dieses Gefühl soviel Zeit verloren und nicht intensiv genutzt zu haben, verursacht in mir das Bedürfnis die Kinder einfach nur festhalten und nicht mehr loslassen zu wollen. (Zumindest bis zum nächsten Tobsuchtsanfall :-D)
Mein Fazit
Auch, wenn es wohl ganz natürlich ist, dass man sein Nesthäkchen, gerne ein bisschen länger bei sich und am liebsten klein hält — ich denke durch die vielen emotionalen Situationen, die ich mit meinem Jüngsten durchgemacht habe, haben wir doch nochmal eine ganz andere Bindung zueinander.
Auch, wenn mir der große Schritt ihn, mit erst 28 Monaten direkt in den Kindergarten zu geben, sehr schwerfällt, es ist der richtige! Es wird dem kleinen Wirbelwind, der ständig Anspruch braucht und was erleben und lernen möchte, guttun. Und wie bei den anderen auch: Wir beide werden das schaffen! Ganz überraschend habe ich am ersten Tag der Eingewöhnung auch ein paar Tränchen verdrückt. Mein Baby in einen neuen Abschnitt zu entlassen, hat mich doch einen Moment überwältigt – aber das darf so sein! Ja, ich hätte gerne noch ein bisschen länger meinen kleinen Mann nah bei mir behalten, aber zu den aktuellen Umständen, ist das die richtige Entscheidung.
Letztendlich möchte ich, dass er sich so entfalten kann, wie er das möchte. Und egal, wie schwer es fällt nicht zu klammern: Wenn ich es nicht ertragen kann, schaue ich weg und versuche Vertrauen zu haben, dass er es schafft und schreite nur dort ein, wo es nötig ist und er zum Beispiel zu übermütig wird und die Gefahren unterschätzt.
In der dritten Woche der Eingewöhnung ist die Trennung noch sehr schwer für ihn. Das bitterliche Weinen für das Mamaherz schwer zu ertragen. Aber nach drei Eingewöhnungen weiß ich, dass ich es ihm nicht unnötig noch schwerer machen muss und halte die Abschiede möglichst kurz. Denn ich weiß: Ist der erste Abschiedsschmerz erst einmal bei ihm überwunden, verbringt er einen wunderschönen Tag im Kindergarten. Denn beim Abholen, fand ich bisher immer ein fröhliches und glückliches, wenn auch müdes Kind vor. Und die Mama? Tja die stürzt sich in Arbeit, damit die Zeit schneller vergeht. 😊
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